
Die historische Dorfschule des vergangen Jahrhunderts, wie sie sich in manchen Freilichtmuseen präsentiert, wirkt auf viele irgendwie romantisch. Bei näheren Hinblick ist man oft doch entsetzt von der spartanischen Ausstattung und dem Mangel an Platz. In Holzbänke gezwängt hörten Schulkinder 50 Schüler einem einzigen Schulmeister zu.
Raum für Begegnungen
Hier ergibt sich wie selbstverständlich der diachrone Vergleich mit Ansprüchen an Raum moderner Schulgebäude, die sich in der Regel aus neuen pädagogischen Ansprüchen ableiten und die in den letzten Jahrzehnten als baulich neben den althergebrachten Schulgebäuden das Bildungssystem farbig gestalten.
Nun, an dieser Stelle soll die Dorfschule weder vertäufelt noch weiter romantisiert werden. Ferner soll das Augenmerk auf die Betrachtung von informellen Räumen gelegt werden, in denen Kinder einander begegnen und in denen ein Austausch stattfindet. War die Dorfschule so klein, weil man den Rest des Tages eh Draußen verbrachte?
Den ganzen Tag im Raum
Im Zuge der „Verinselung kindlicher Lebenswelten“ scheinen solche Orte der eher spontanen Begegnung zu verschwinden. Nach und nach haben sich in den letzten Jahrzehnten die Lebens- und Wohnverhältnisse von Kindern und Jugendlichen verändert. Das gewachsene Dorf oder der Stadtbezirk werden durch Wohnsiedlungen, die in ihrer Funktion zerrissen sind. Erschlossen sich Kinder ihre Welt in „konzentrischen Kreisen“ und wurde ihre Lebenswelt mit jedem erschlossenem Kreis ein wenig größer, bewegen sich Kinder nun von einer Lebensinsel“ zur nächsten. Dabei gehört es zum Charakter, dass die einzelne Insel nur gering im Austausch mit der nächsten steht; Themen und Bewohner der Inseln haben nichts miteinander gemein. Über das Handy ist dann trotzdem wieder alles erreichbar. Kommunikation ist nicht unmittelbar, sie ist nicht gleichzeitig. Wir verlagern unser Leben in Architektur und virtuellen Raum.
Institutionalisierung von Kindheit
Räume zum Spielen, zum Toben und einander Begegnen werden zunehmend institutionalisiert. Sei es der Spielplatz, der Weg nach Hause oder der gemeinsame Schulweg. Orte, an denen Kinder sich begegnen sind Treffpunkte, die man vielleicht aus der eigenen Kindheit kennt. Dort, bei der großen Eiche traf man sich halt und jemand war schon da, mit dem man Spielen konnte und wenn die Laternen angingen, dann musste man halt wieder zuhause sein. Kindheit, Leben und Lernen findet zunehmend im gebauten Raum statt. Raum wird omnipräsent. Sollten wir nicht genau diesen Räumen Wertschätzung zu Teil werden lassen?